Projekt Beschreibung
Im postpatriarchalen Durcheinander
aep informationen, 1/2021
Was hätte Xanthippe wohl gesagt, wenn Sokrates sie hätte ausreden lassen? Wir wissen es nicht, aber wir können es uns wohl nur ausmalen. Ina Praetorius nimmt die Geschichte und die Erzählung über Xanthippe als Parabel und zeigt uns damit einen Weg aus der Konfusion, dem Chaos des Durcheinanders, in dem wir uns befinden mit all den Ideen, Ideologien, Politiken mit den widersprüchlichen Leitbildern, die uns verkündet werden, darüber was gut und richtig ist für uns Menschen. Wie Platon erzählt, befand sich Xanthippe mit einem Kind bei Sokrates und weinte, als er sich bereit machte, den ihm auferlegten Selbstmord zu begehen. Sie wurde aber weggeschickt – „Da führten einige von Kritons Leuten sie heulend und sich übel gebärdend fort“, erzählt Platon. Sokrates jedoch sinnierte und philosophierte mit seinen philosophischen Freunden über den Sinn des Lebens und über das, was wohl über dem Leben steht, das er recht geringschätzt. Frauen haben in einem solchen philosophischen Gespräch nichts zu suchen, wie sich auch weiterhin in der Geschichte der Philosophie zeigt. Darüber hinaus ist diese Philosophie der Männer geprägt von einer Sehnsucht nach einem eigentlichen Dahinter, das viel wichtiger ist, und das uns von den Lästigkeiten und Widrigkeiten des irdischen Lebens befreit.
Ja, was hätte Xanthippe wohl gesagt, wenn Sokrates sie hätte ausreden lassen. Sie hätte nicht nur geweint um ihn. Sie hätte ihm erzählen können von der Endlichkeit des Daseins, vom Geborenwerden und vom Sterben. Dass jeder Mensch das Recht hat, dieses Leben zu durchleben und nicht mit Gewalt zum Sterben gebracht werden sollte.
Mit einfachen, klaren Worten sagt uns die Autorin dieses kleinen Büchleins, dass dieses Leben mit seinen Wonnen und Freuden des Daseins und auch mit all seinen Schrecken, mit seinem Schmerz gelebt werden soll. Ja sagen sollen wir zu einer Wertschätzung des Lebens.
Ja sagen dazu, dass alle, die sich in der Welt aufhalten, in Würde leben können. „Nein sagen zu einer Wirtschaft, die auf spitze harte Tauschverhältnisse setzt … Nein sagen zu Leuten, die meinen, das Weib sollte immer noch schweigen in der Gemeinde“ (99). Es sei möglich, sich anders zu organisieren, das Zusammensein anders zu gestalten. Und „ich muss nichts allein und das meiste nicht jetzt sofort stemmen“ (100).
Das Buch ist leicht und gut zu lesen, sehr einsichtig. Und auch für Einsteigerlnnen eine kleine Einführung in das feministische Differenzdenken.
(Monika Jarosch)