Projekt Beschreibung

„Wir dachten alles neu“

info3, April 2010

Als sich Gabriele Meixner mit Leben und Werk von Erika Wisselinck zu beschäftigen begann, stand eine Festschrift zum 75. Geburtstag der Journalistin und Autorin, der Übersetzerin, Studienleiterin und Referentin auf dem Programm. Da Wisselinck jedoch in ihrem 75. Lebensjahr in ihrer Wahlheimat Porto Santo starb, wurde die vorliegende Biographie daraus. Natürlich macht sie doppelt Spaß, wenn man/frau Erika Wisselinck gekannt hat – sei es von ihren brillanten Beiträgen im Bayrischen Rundfunk, sei es von ihren spannenden Reportagen in den Printmedien oder von Büchern wie Frauen denken anders (1984) oder dem Roman Anna im Goldenen Tor (1990, 2008 neu aufgelegt). Unzähligen wird Wisselinck jedoch bekannt sein – vielleicht sogar unbekannterweise – als kongeniale Übersetzerin von Mary Daly: Sie hat ihre bahnbrechenden Werke nicht nur korrekt übersetzt, sondern sie in ein gut lesbares, “süffiges” Deutsch gebracht und spielerisch die Wortkreationen der wortgewandten Amerikanerin mit deutschen Eigenkreationen nachvollziehbar gemacht. Schon allein diese Übersetzungen “werden sie unsterblich machen”, meint ihre Lektorin im Verlag Frauenoffensive. Und wer das Vergnügen hatte, die geistige Präsenz und Brillanz ebenso wie “dieses hemmungslose und fast unangebrachte Lachen” an Tagungen, Konferenzen oder Lesereisen zu erleben, wird Wisselincks Lebensgeschichte mit großer Anteilnahme verfolgen.

Meixner geht aber bewusst über diese persönliche Bezogenheit hinaus und spricht LeserInnen an, die sich vertieft eine Bild machen wollen von einer Jugend im Nazireich, einem jungen Erwachsenenleben in der Nachkriegszeit, einer Medien-Laufbahn von den 50er Jahren an und dem Engagement einer kritischen Frau in kirchlicher Erwachsenenbildung und bayrischer Politik – und mit all diesen Erfahrungen im Gepäck in Frauenbewegung und feministischer Theologie. Ein Zeitdokument, lesenswert und aufschlussreich.

(von Ursa Krattiger)