Projekt Beschreibung

„Wir dachten alles neu“

innovative. Zeitschrift des Nordelbischen Frauenwerkes, Dez. 2010-Mai 2011

Erika Wisselinck (1926 – 2001) sagte über sich: “Offenbar war ich schon immer Feministin, ich kann mich nicht erinnern, es eines Tages geworden zu sein.” Wie ihre Geschichte war und welche Rolle sie für die emanzipatorische und feministische Bewegung des 20. Jhd. gespielt hat, schildert Meixners Biographie eindrucksvoll. Mich hat dieser Lebenslauf angeregt, meine eigenen Erfahrungen in dieser Zeit zu rekapitulieren.

E. W. muss eine beeindruckende Frau gewesen sein; groß, damenhaft gekleidet, selbstbewusst, gewandt im Umgang und mit einem wunderbaren Lachen. Bekannt geworden ist sie zunächst durch ihre engagierten journalistischen Veröffentlichungen, Vorträge, Tagungen. Zentrum ihrer Arbeit wurde die veränderte und sich ändernde Rolle der Frauen. Mit ihrem gründlichen, konsequenten Denken und radikalem Weiterdenken stieß sie zunehmend auf Begrenzungen durch Vorgesetzte. Frauen, die weiter dachten, sollten “dies gefälligst nach den Regeln der Männer tun”. Aber Frauen denken anders, “nicht weil sie biologisch anders sind, sondern weil wir anders sozialisiert … sind. Wir haben eine andere Tradition …, mit dem Leben umzugehen.”

Mit Mitte 50 wagte sie den Sprung in die Selbständigkeit als Fachfrau für Frauenthemen, Übersetzerin und Autorin. Sie umgab sich jetzt fast nur noch mit Frauen. In früheren Jahren hatte sie mehrere Affären, die jedoch nicht zu einer Familiengründung führten. 1980 begann sie mit der schwierigen Übersetzung von Mary Dalys “Gyn/Ökologie”. Das gelang überragend gut. Später übersetzte sie weitere Werke der Autorin und veröffentlichte eigene Bücher, die wichtige Stationen er Frauenbewegung markieren: “Frauen denken anders” (1984), “Hexen” (1986), “Anna im Goldenen Tor” (1990). Ihren letzten Vortrag hielt sie 2000 auf dem Hambacher Fest “Zur Ausrufung des Jahrtausends der Frau”. 2001 starb sie in ihrer Wahlheimat auf Porto Santo. Ich bedaure sehr, dieser klugen Frau nicht persönlich begegnet zu sein.

(Dorothee Moritz)