Projekt Beschreibung
Ein gutes Leben für alle
MatriaVal, Dez. 12 JdF
Neun kluge Frauen schreiben über unsere Gegenwart, in der für sicher gehaltene Werte sich als Scheingewissheiten erweisen. Denn schon 1996 stellten italienische Philosophinnen fest, dass die bestehende Gesellschaftsordnung – das Patriarchat – zu Ende ist, weil Frauen nicht mehr daran glauben. Die haben längst erkannt, dass die hierarchische Grundstruktur der Welt mit der Verknüpfung des “Höheren” mit Männlichkeit, Geist und Freiheit und des “Niedrigen” mit Weiblichkeit, Körperlichkeit und Abhängigkeit ein katastrophaler Irrweg war. So weit so gut – aber wie kommt eine neue, eine bessere Ordnung in das postpatriarchale Durcheinander? Ein gutes Leben für alle ist die zentrale Forderung und dafür braucht es neue Werte, die die Basis für eine neue Ordnung sein können. Wichtig ist auch einen sorgfältiger Umgang mit der Sprache, denn Worte haben Macht und können gutes Leben fördern, aber auch behindern. Mit einer Neuordnung der Welt und den dafür notwendigen neuen Begriffen beschäftigen sich die Verfasserinnen dieses Buches seit Jahren. Sie haben vertraute Begriffe neu mit Sinn gefüllt und neue Worte erfunden, sie alle in die Form des Alphabets gebracht und das “ABC des guten Lebens” daraus entwickelt. In diesem alphabetisch geordneten Register tauchen Begriffe wie zum Beispiel “Begehren”.
Wenn wir etwas tun, was wir begehren, tun wir es gerne, wir wagen es eigene Grenzen zu überschreiten. Oder “Geburt/Geburtlichkeit”, Hannah Arendt hat den Begriff Geburtlichkeit geprägt. Geboren zu werden bedeutet, als einmaliges Individuum in ein bestimmtes Generationengefüge einzutreten und zu leben, aber immer bleiben wir abhängig von der Welt. “Wirtinschaft” erinnert an genüss-liche, schöne Mahlzeiten, an Wohlergehen. “WürdeträgerIn” – sind wir alle, nicht nur hervorgehobene Persönlichkeiten. Das ist ein wunderschöner Gedanke, denn wenn alle sieben Milliarden Menschen WürdenträgerInnen sind, wird deutlich, dass jeder Person mit Respekt begegnet werden muss und alle Menschen Würde und bewunderung verdienen. Aber die Autorinnen machen auch vor verdrängten und unangenehmen Worten wie “Scheiße” nicht Halt und vor denen, die sie wegmachen müssen, und sie denken auch daran, dass vierzig Prozent der sieben Milliarden Würdeträgerinnen dieser Welt ohne angemessene Toiletten leben müssen! Diese Auswahl an Begriffen macht neugierig und zeigt, dass hier tatsächlich mit abgegriffenen, so genannten “großen Worten” gründlich aufgeräumt wurde. (Barbara Obermüller)