Projekt Beschreibung

Die 40 Tage

MutterlandBriefe, Winter, 25/2021

In der matriarchalen Sippe der jungen Mutter Sadama sind die 40 Tage nach der Geburt ihres Kindes heilig.

Den Filmemacherinnen Uscha Madeisky und Dagmar Margotsdotter ist es gelungen, diese heiligen Tage in 40 Minuten zu verdichten. Wir erleben berührende Szenen aus einem guten Leben voll natürlicher Mütterlichkeit, wie es bei den Mosuo im Süden von China seit jeher gepflegt wird.

Der Frauen-Dokumentarfilm „Die 40 Tage“ lässt beim Betrachten die Seele atmen. Auf unspektakuläre Weise geschieht zwischen Sadama und ihrem Kind und ihren Angehörigen so viel Wesentliches, dass ich ihn mir gleich zweimal hintereinander anschaue. Ich folge gebannt ihren alltäglichen Handlungen, wie Mutter und Neugeborenes rundum von den Clan-Mitgliedern versorgt werden. Und dabei sind alle entspannt und fließend aufeinander eingestimmt.

Mit meinen Augen einer Mutter sehe ich, wie die Mosuo die Schätze des ursprünglichen Mensch-Seins und die den Frauen innewohnende mütterliche Kraft bewahren: Die Lebenszeit – und die Selbstbestimmung darüber; die Verbundenheit und Gemeinsamkeit, die Geborgenheit und Raum für die individuelle Entfaltung entstehen lässt, und die Mütterlichkeit als das tragende Element in der Gemeinschaft.

Auf die Frage nach dem Geburtstag ihres Sohnes antwortet Sadama ihrer Freundin, sie zähle die Tage nicht. Ihr Leben verläuft zyklisch – immer wieder schließt sich der Kreis von den Ahnen bis zum Neugeborenen. Tief bewegt tauche ich mit ein in die Schluss-Szene, als die stolze Urgroßmutter ihren Urenkel zum ersten Mal auf ihrem Rücken hinausträgt ins Dorf, um ihn den Nachbarinnen und Nachbarn zu zeigen. Vorne weg läuft das mit bunten Bändern geschmückte Huhn und bahnt ihm den Weg als Mittler zwischen den Welten. Die junge Mutter blickt ihnen voll Vertrauen hinterher.

(Ursula Fournier, www.muetterblitz.de)