Projekt Beschreibung
Weit über Gleichberechtigung hinaus …
Portal für Politikwissenschaft, 28.9.2010
Für die Germanistin und Theologin Praetorius umfasst die Gleichberechtigung die Freiheit zur Weltgestaltung. In ihrem Essay erinnert sie an die Ziele und Wünsche der Frauenbewegung und sensibilisiert Neueinsteigerinnen für feministische Einsichten und Visionen. Sie kritisiert, dass Frauen heute immer noch zu sehr mit dem Kampf um Gleichberechtigung beschäftigt seien und nicht aufgehört hätten, “das ‚Höhere Männliche’ anzubeten, das sich heute kaum mehr ‚Herrgott’, sondern zum Beispiel ‚Wallstreet’ oder, ‚Eliteuniversität’ oder ‚FAZ’ nennt” (6). In ihrem Engagement für die Gleichberechtigung geht es der Autorin nicht darum, für Frauen gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu erstreiten, damit sich diese ein Haus oder ein Auto kaufen können. Ihr ist es hingegen wichtig, dass Frauen aus festgelegten Rollen befreit werden. Ihr Ziel ist es nicht, Frauen darin zu hindern, zu Hause zu bleiben, um Kinder zu erziehen, vielmehr wehrt sie sich lediglich gegen die Vorstellung, Frauen könnten oder wollten nichts anderes. Dem liegt die Maxime zugrunde, dass Menschen zur echten Zufriedenheit eine lebens- und menschenfreundliche Umgebung brauchen. Dafür müsse nach Auffassung der Autorin nicht nur unsere Gesellschaft, sondern die ganze Welt gerechter und friedlicher werden. Die Ziele der Frauenbewegung implizierten nicht allein die Verbesserung der Schicksale einzelner Frauen oder die Umgestaltung bestimmter Gesellschaften, sondern auch eine Neugestaltung der Weltgesellschaft, also eine neue Ordnung des menschlichen Zusammenlebens. Praetorius verweist in diesem Kontext auf die von Hannah Arendt vorgenommene Unterscheidung zwischen Interessenvertretung und Politik. Danach beziehe sich der Terminus Politik auf die Transformation der Gesellschaft, es gehe “also um veränderndes Handeln, das von einem Neu- und Andersdenken der Geschlechterdifferenz seinen Ausgang nimmt” (13).
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.