Projekt Beschreibung

Dank und Politik

Rhein Main Presse vom 21.8.2009

In einer bearbeiteten Neuauflage ist vor Kurzem der Titel “Wachsen am Mehr anderer Frauen” im Christel-Göttert-Verlag erschienen. Dr. Dorothee Markert hat darin eine Reihe von Vorträgen zusammengefasst, die Begehren, Dankbarkeit und Politik zum Thema haben.

Im Zentrum des Buches steht ein Vortrag der italienischen Philosophin Luisa Muraro, den Markert selbst übersetzt hat. Muraro äußert sich darin über die kausale Verknüpfung von Selbstbewusstsein und Dankbarkeit gegenüber der Mutter: “Ein Selbstbewusstsein, das nicht künstlich, nachahmend oder reaktiv ist, ein Selbstbewusstsein, durch das wir frei über die eigene Lebensenergie verfügen können, also über unsere Intelligenz, unseren Willen, unsere Liebe, über die geringen oder großen körperlichen Kräfte, die wir nach Alter oder Gesundheitszustand unterschiedlich, aber dennoch alle besitzen.”

Dieses Selbstbewusstsein entstehe aus der Dankbarkeit jener Frau gegenüber, die eine zur Welt gebracht hat. Damit meint Muraro die symbolische Ebene in der reinen Wortbedeutung von “Wertschätzung”, “Anerkennung”, “Dankbarkeit”. Den Grund für eine schlechte Mutterbeziehung sieht sie in der patriarchalen Gesellschaft, die männliche Genealogien pflege und die weiblichen bekämpfe.

Markert, Jahrgang 1950, lernte 1988 das Denken und die Politik italienischer Philosophinnen kennen. Sie unterrichtete an Grund-, Haupt- und Sonderschulen, war Lehrbeauftragte an der Pädagogischen Hochschule. Heute arbeitet sie als Lerntherapeutin und selbstständige Publizistin.

Die Vorträge von Dorothee Markert kreisen um die Fragen, wie Frauen ihre Wünsche, ihr Wollen und ihr Begehren in die Welt bringen können; wie konstruktive Beziehungen zwischen Frauen aussehen; wie Machtbeziehung durch Autoritätsbeziehung ersetzt werden kann; was Dankbarkeit als Orientierungsmaßstab für politisches Handeln bedeutet.

Markert führt mit ihren Vorträgen in das Denken der italienischen Philosophinnen ein und veranschaulicht Inhalte aus den zentralen Bereichen “weibliche Autorität” und “affidamento-Beziehungen”: Dies ist eine Beziehungsqualität zwischen “einer Frau, die weiß” und “einer Frau, die will” – eine gute Lehrmeisterin ist eine Frau, die eine andere Frau so fördert, dass sie ihren eigenen Weg finden und ihr Wissen wiederum an andere Frauen weitergeben kann.

Außerdem widmet sich die Autorin dem Wert von Haus- und Erziehungsarbeit. Sie unterbreitet einen Vorschlag für ein Gesetz, nach dem das Einkommen in gerechter Weise zugunsten der Person aufgeteilt werden soll, die Haus- und Familienarbeit leistet: Untersuchungen zufolge würde einer Frau für ihre Arbeit im Haushalt ohne Kinder knapp 40 Prozent des Nettoeinkommens der Person zustehen, die sie mitversorgt. Bei einem gemeinsamen Kind wären es mehr als 50 Prozent, bei drei und mehr Kindern 65 bis 70 Prozent.

(nfi)