Für junge Frauen, die sich heute feministisch engagieren, stellt es zuweilen ein schmerzhaftes Manko dar, über die Erfahrungen der älteren Generation, welche in den Frauenbefreiungskämpfen der 70er-Jahre aktiv war, kaum etwas zu wissen. Rina Nissim schliesst mit Eine zeitgemäße Hexe eine Lücke: Die Heilpraktikerin berichtet aus ihrer Zeit als Akteurin der Frauenbefreiungsbewegung und zeichnet die Gründung des Genfer Frauengesundheitszentrums nach, für das sie über viele Jahre prägend war. Den Leserinnen und Lesern wird durch Nissims Schilderung ihrer Erfahrungen in Frauenselbsthilfegruppen Mittelamerikas und Indiens ausserdem bewusst, um welch international vernetzte Bewegung es sich bei dieser Rückeroberung der Medizin gehandelt hat. Mit Blick auf die gegenwärtigen Herausforderungen macht sie deutlich, dass es auch heute noch – oder wieder – für Frauen von grosser Wichtigkeit ist, sich das Wissen über den eigenen Körper anzueignen und in kollektiven Formen sich von den Prägungen der immer noch mächtigen patriarchal-kapitalistischen Strukturen zu befreien.