Projekt Beschreibung

Weiberwirtschaft im Garten

Virginia, Oktober 2007

Schon über das Titelbild erschließen sich der Leserin unterschiedliche Erfahrungs- und Erlebnisebenen von Garten, in die der liebevoll gestaltete Bildband einführen möchte:

zarte Blütenträume, frisch geernteter Rhabarber und ein Blick in den saftigen Gemüsegarten. Hier geht es weder um eine sinnliche Betrachtung des Gartens als romantische, arbeitsfreie Rückzugsnische mit Liegestuhl noch um einen weiteren ehrgeizigen Ratgeber. Bärbel M. Peschls Buch ist eine persönliche Einladung, in Wort und Bild der im Lauf des Jahreskreises spürbaren Weisheit des Gartens auf die Spur zu kommen.

Säen, pflegen, ernten, essen, genießen, verschenken, teilen, versorgen, vorbereiten, abwarten, ruhen, atmen, leben – der Garten hat seinen eigenen Rhythmus. Diejenige, die sich darauf einlässt, hat Anteil an der Feier des Alltäglichen. Ruhe und Gelassenheit breiten sich aus im Vertrauen auf die Wiederkehr im Jahreskreislauf. ‘Gehimmelt’, ‘geerdet’ und rundum versorgt kann sich diejenige fühlen, die mit ihrem Garten lebt.

Philosophische Augenblicksbeschreibungen, stimmungsvolle Amateurphotos der Autorin, einfühlsame Gedichte und Texte, zusammengestellte Monatsmenüs, Säfte, alkoholische Getränke, Tees, Marmeladen, Blütensträuße und Kräutergestecke vermitteln die Überfülle, die das Leben mit dem Garten zu schenken bereit ist.

Der Tanztherapeutin und Trainerin für Körpersprache, Bärbel Peschl ist es gelungen, die politische Dimension des Gartenlebens im Aufeinander-Bezogensein und im Angewiesensein schmackhaft zu machen. Ihr Garten als “friedliebender Gegenweltinszenierer” bewahre sie vor den Verlockungen der Konsumindustrie und biete ihr anstelle von müde und hungrig machender Quantität innerlich erfüllende (Lebens-)Qualität. Im Zusammenleben mit ihrem Garten, so Bärbel Peschl, scheine etwas auf von der Idee der “Weiberwirtschaft, die aus der feministischen Ökonomiekritik von Frauen entwickelt wurde. Zuwendung, Fürsorge und Dankbarkeit, die sie mit ihrem Leben mit Garten verbinde, seien auch in diesem Konzept des wirtschaftlichen und politischen Handelns wesentliche Merkmale. Peschl gibt sensible und intime Einblicke in ihr Gartenleben als spirituelle Lebenshaltung, die sich in einer staunenden Achtsamkeit gegenüber dem Zusammenhang alles Lebendigen zeigt und sich des eigenen Eingebundenseins darin bewusst ist. Mir zeigt sich darin eine alternative Form der Aneignung von Lebenswelt, nämlich auf der subjektiven Beziehungsebene, die zutiefst körperlich geschieht und ein identitätsstiftendes Miteinanderleben und Miteinanderhaushalten ermöglicht. Ihrem Buch wünsche ich viele LeserInnen, die sich von dieser “Weisheit des Gartens” anstecken lassen, auch wenn sie keinen eigenen Garten haben.

(Kristin Flach-Köhler, Referentin für Frauen, Bildung, Spiritualität in Rheinhessen der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau e. V.)