Projekt Beschreibung

Sophias Weisheiten

Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 23. Oktober 2004

“Die Weisheit war immer weiblich. Marit Rullmann legt neues Zitatenbuch von Philosophinnen in Geschichte und Gegenwart vor.

Die Liste reicht von Sappho (um 600 v. Chr.) bis zu Elizabeth K. Minnich aus den USA (20. Jahrhundert) – das Buch ‚Sophias Weisheiten’ umfasst über 2500 Jahre Nachdenken über ‚Gott und die Welt’, wie es bei Philosophen/innen so trivial heißt. …

Bekannt wurde Marit Rullmann durch den feministischen Blick auf philosophische Themen. Ihre Bücher über kluge Frauen wurden Bestseller. Nun schiebt sie einen Band nach: In ‚Sophias Weisheiten’ … sammelt sie rund 300 Sprüche und Aussagen von Denkerinnen zu Komplexen wie ‚Mensch und Welt’, ‚Leben und Arbeit’, ‚Recht und Gerechtigkeit’, ‚Körper, Leib und Seele’ oder ‚Macht, Gewalt, Herrschaft’. Die Gelsenkirchener Autorin: ‚Die griechische Wortwurzel ‚sophia’ bedeutet Tüchtigkeit, Einsicht und Weisheit. Sophia war in fast allen Kulturen eine weibliche Gottheit. Weisheit ist eben weiblich …’

Ein Paar Beispiele aus dieser Kollektion des weisen weiblichen Wissens: ‚Überall in der Natur ist Zeit. Im Stadtleben werden Uhren genau deshalb gebraucht, weil man sonst nicht wüsste, wie spät es ist.’ (Jay Griffith) Oder: ‚Denken und Verstehen sind bloße Vorbereitung auf das Handeln.” (Hannah Arendt) Oder: ‚Meine Feder ist mein Schild zur Abwehr der tödlichen Streiche, die man gegen mich als Weib führt.’ (Hedwig Dohm) Oder: ‚Keine neue Welt ohne neue Sprache.’ (Ingeborg Bachmann) Oder: ‚Liebe ist kein Trost, sie ist Licht.’ (Simone Weil) …

‚Frauen haben nie im Elfenbeinturm der Weisheit gesessen, sie waren und sind Praktikerinnen.”’ Marit Rullmann will auf die besondere Situation der Denkerinnen in allen Epochen hinweisen. ‚Sie haben sich stets zu Wort gemeldet, nur wurden sie im offiziellen Wissenschaftssystem nicht immer wahrgenommen.’ Da hätten eben die Herren gesessen …

Die Autorin, die eine ‚riesige Zettel- und Stichwortsammlung von klugen Frauen’ angelegt hat, bemüht sich seit Jahren, Philosophinnen und deren Wissen einen neuen Rang zuzuordnen. ‚Frauen denken anders – das ist keine vorlaute Bemerkung. Das kann ich aus internationalen Statementsvergleichen zu bestimmten Themen jederzeit belegen.’ Das klassische Abendland und die neuen weiblichen Erkenntnisse, wie sie vor allem in den USA propagiert würden, lieferten ‚jede Menge Zündstoff – weil sie unterschiedliche Aussagen zu Leben, Natur und Macht machen’. …”

(HJL)