Projekt Beschreibung
Es bleibt viel zu tun
www.beziehungsweise-weiterdenken.de, 6.10.2009
Ina Praetorius möchte das Wissen der Frauenbewegung fruchtbar machen
Ich liebe sie, die philosophischen Fünf-Euro-Bändchen aus dem Christel Göttert Verlag, nicht nur wegen ihrer Handtaschen-geeigneten quadratischen Form und ihres farbenfrohen Einbands. Hauptsächlich liebe ich sie wegen der klugen Denkanstöße, die jedes einzelne Büchlein enthält. Eine gute Stunde reicht jeweils, um sich dem abgerundet und differenziert präsentierten Inhalt zu widmen. Mehr Zeit sollte frau sich nehmen, um den Inhalt wirken zu lassen.
Das gilt für die bisherigen Bände genauso wie für den neuesten von Ina Praetorius mit dem Titel “Weit über Gleichberechtigung hinaus…”. “Das Wissen der Frauenbewegung fruchtbar machen” lautet der Untertitel, und genau darum geht es: Wie kann das, was Frauen schon immer und insbesondere in den letzten zwanzig Jahren gedacht, erreicht und geschrieben haben, weiterwirken – fruchtbar werden?
Was Ina Praetorius beschreibt und rekapituliert, ist nicht neu. Aber es tut gut, die bekannten Erkenntnisse einladend formuliert und aus ihrem persönlichen Blickwinkel zugespitzt, erneut zu lesen.
Sie geht gleich mitten hinein: Gleichberechtigung an sich ist kein Ziel, sondern Mittel zum Zweck! Frauen studieren nicht, um gleichberechtigt zu sein, sondern um etwas über die Welt zu erfahren und so leben zu können, wie sie leben wollen. Der Frauenbewegung geht es – und das wird oft übersehen – nicht um das Glück einzelner Frauen, sondern darum, dass die ganze Welt wohnlicher wird.
Nachdem diese Richtung vorgegeben ist, widmet die in der Schweiz lebende Autorin und Theologin, die auch regelmäßig in diesem Forum schreibt, sich dem männlichen Gottesbild und dem daraus folgenden Dualismus. Sie schlägt vor, sich von der Orientierung an dieser zweigeteilten Welt, in der das, was Männer tun, grundsätzlich für erstrebenswerter gehalten wird, zu lösen und darüber nachzudenken, wer wir als Menschen eigentlich sind und wie wir als männliche und weibliche Menschen handeln wollen.
Ina Praetorius entwickelt bei der Analyse eingespielter Verhaltensweisen so einleuchtende Bilder und anschauliche Vergleiche, dass es verlockend ist, immer weiter aus ihrem Büchlein zu zitieren. Aber das Lesevergnügen – und das wird sich schon aufgrund der Folgerichtigkeit ihres Textes einstellen – soll hier nicht vorweggenommen werden.
Ein Hinweis nur noch auf zwei weitere “G’s”, denen die Philosophin, die auch wirtschaftspolitisches Denken zu ihrem Thema gemacht hat, sich neben der Gleichberechtigung widmet: die Geburtlichkeit und das Geld. Mit Letzterem ist es wie mit der Gleichberechtigung: Es sollte eigentlich Mittel zum Zweck – zu einem guten Leben für alle – und nicht Lebensinhalt sein.
Es ist an uns in unserer Verschiedenheit, dieses Wissen fruchtbar zu machen.
(Juliane Brumberg)