Projekt Beschreibung
unverbrauchte worte
efi, evangelische frauen information für bayern, Nr. 4, 2005
“Dieses Buch ist harte Kost – wie wir es von den italienischen Philosophinnen gewohnt sind. Aber es lohnt, sich hindurchzubeißen, denn die Nahrung ist gut. Ich gebe zu, auch ich habe noch nicht alles gegessen und schon gar nicht verdaut. Es macht Sinn, dieses gemeinschaftlich und in Etappen zu tun, z.B. in einem Lesekreis mit anderen Frauen.
Auch Dorothee Markert, die Übersetzerin vom Italienischen ins Deutsche, schreibt in ihrem Vorwort, dass sie beim ersten Lesen nicht alles verstanden hat. Das macht Mut, auch selber dranzubleiben. Und Dorothee Markert gibt uns Hilfestellung, indem sie zu jedem Kapitel Bemerkungen mit eigenen Gedanken und Erfahrungen zum Thema hinzugefügt hat.
Im ersten Kapitel zum Beispiel verbindet sie Chiara Zambonis Text zu dem besonderen Materialismus von Walter Benjamin mit den eigenen Beobachtungen, die sie als Lehrerin an einer Schule im sozialen Brennpunkt gemacht hat. Die Kinder dort hatten keinen achtsamen Umgang mit den Dingen gelernt. Sie schreibt: Bei einem kleinen Kind wächst im Rahmen der Beziehung zur Mutter die Bindung an Dinge zusammen mit der Bindung an Menschen und umgekehrt – oder beides wird beschädigt und bleibt daher gefährdet und brüchig.
Chiara Zamboni, die als Professorin an der Universität Verona Sprachphilosophie lehrt, möchte in ihrem Buch zeigen, wie das Begehren auf dem Weg über die Sprache – über “wahre Worte”, “unverbrauchte Worte” oder “Worte des Lebens” Veränderung bewirkt. Sie eröffnet damit neue Zugangsmöglichkeiten zum Geschlechterdifferenz-Denken und stellt die Frage: “Wie kann ich als Frau über Frauen und Männer sprechen und dabei Autorität haben, wobei ich doch gleichzeitig immer Betroffene und Partei bin?” Hier geht es exakt um das Problem, das dazu führt, dass Frauen überall dort, wo sie mit dem, was sie sagen, ernst genommen werden wollen, z.B. als Politikerinnen, als “Neutrum” sprechen und ihr Frausein verstecken.
Ausgehend von der weiblichen Hinwendung zum Konkreten setzt sich Zamboni in dem Buch mit den Denkansätzen verschiedener Männer und Frauen (u.a Walter Benjamin, Mary Daly, Mahatma Gandhi oder Virginia Woolf, um nur einige Namen zu nennen) auseinander und stellt uns z.B. bei Benjamin eine ganz neue Haltung gegenüber den Dingen und der Welt vor, durch die wir den Dingen mit Respekt und Höflichkeit gegenübertreten können. Mit ihrem gründlichen Nachdenken in diesem Buch über Frauen und Männer in der Sprache hilft Chiara Zamboni Frauen dabei, mit größerer Selbstsicherheit in der Welt als Frauen zu sprechen und Verantwortung zu übernehmen.”
(Juliane Brumberg)